Ortsmodernisierung
Koordination ist alles
Auf der Projektliste stehen Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung, Hochwasserschutz, Straßensanierung, Wohnraumerschließung und nicht zuletzt Energieversorgung; alles in einem Ort und vieles beinahe zeitgleich. Gleich vier Tochterunternehmen der Eichsfeldwerke sind hier immer wieder zugange: EW Wasser, EW Projekt, EW Eichsfeldgas und EW Energie. Aber nie allein, sondern gemeinsam mit weiteren Akteuren – und das macht es so spannend.
Zum einen ist die aufwändige Sanierung der Kreisstraße im Ortskern noch nicht komplett abgeschlossen, mit der gleichzeitig ein neuer Abwasserkanal verlegt wurde. Zum anderen entstand mit dem neuen Wohnbaugebiet „Rodelbahn“ zugleich eine umfassende Lösung zur Rückhaltung von Regenwasser. Dann ist der Ausbau der Landesstraße zwischen Ershausen und Martinfeld bereits gestartet, mit dem unter anderem auch ein Schmutzwasserverbindungssammler errichtet wird. Und nicht zuletzt wurden in den vergangenen Jahren immer wieder größere Gebäudekomplexe im Ort auf neue Heizanlagen umgestellt.
Alles in einem Rutsch
„Eine der größten Herausforderungen bei solchen Projekten besteht darin, alle Beteiligten zusammenzubringen, um zum richtigen Zeitpunkt koordiniert loslegen zu können“, erklärt Marcus Heinemann von der EW Wasser, die hier als Betriebsführer des Zweckverbands Wasserversorgung und Abwasserentsorgung Obereichsfeld (WAZ) agiert. Der Fachbereichsleiter Trink- und Abwasser bezieht das zwar eigentlich nur auf seinen Wasserbereich im Zusammenhang mit den Straßenmaßnahmen, aber eigentlich gilt es für alle genannten Vorhaben. Im Fall der Kreisstraße-Maßnahme bedeutete das, die Erneuerung der Straße mit der Errichtung eines 750 Meter langen Abwasserkanals und dessen Anschluss an die Kläranlage Friedatal in Einklang zu bringen. Dazu kam hier noch die geregelte Rückführung des Regenwassers in den Wasserkreislauf und die Erneuerung alter Trinkwasserleitungen. Alles mit dem Ziel, die Straße in wenigen Jahren nicht erneut aufbaggern zu müssen. Dafür wurde jetzt viel und lang gegraben, genauer gesagt von 2018 bis Mai 2024.
Wie bei den anderen Vorhaben auch mussten sich Planer und ausführende Unternehmen möglichst optimal untereinander abstimmen. Denn allein an diesem Projekt waren neben der EW Wasser diverse Baufirmen sowie die Verwaltungsgemeinschaft Ershausen-Geismar und der Landkreis beteiligt. Die Bauabschnitte sollten nahtlos ineinander übergehen. „Sehr viel Planungsbedarf fällt daher bereits an, bevor die Bagger überhaupt rollen“, betont Diplom-Ingenieur Heinemann. Anstoß für den Kanalneubau gab das Thüringer Abwasserbeseitigungskonzept. Es sieht vor, dass bis 2030 im Freistaat 90 Prozent der Haushalte an Kläranlagen angeschlossen sind. Ein Ziel, das mit viel Aufwand und hohen Kosten verbunden ist: Allein in dieses Projekt investierte der Zweckverband Obereichsfeld rund 1,5 Millionen Euro.
EW Wasser
Rückhaltebecken statt Staukanal
Baumaßnahmen gab es aber auch an anderer Stelle in Ershausen: Am östlichen Ortsrand galt es, gemeinsam mit der Erschließung des Wohnbaugebiets „Rodelbahn“ auch gleich eine effektive Regenrückhaltung zum Schutz vor Hochwasser umzusetzen. Hier arbeiteten EW Wasser und EW Projekt mit weiteren Unternehmen Hand in Hand. Es mussten nicht nur elf Bauplätze in idyllischer Hanglage komplett erschlossen, sondern auch ein Ausgleich für den Ablauf des Regenwassers geschaffen werden. „Die künftig komplett bebaute Fläche, in der schon erste Häuser stehen, darf schließlich nicht mehr Oberflächenwasser ableiten als vorher die freie Wiese“, so Heinemann. Ursprünglich war dafür ein Staukanal mit einem Fassungsvermögen von 80 Kubikmetern in dem Wohngebiet vorgesehen. Die Experten der EW Wasser rieten jedoch dazu, dieses Projekt mit einer Rückhaltung aus dem gemeindlichen Außengebiet zum Schutz vor Überflutung durch Starkregen zu kombinieren. Eine Idee, die bei der Gemeinde sehr gut ankam: Resultat sind nun drei Rückhaltebecken mit einem fast zehnmal so großen Volumen von 750 Kubikmetern, die einen viel höheren Schutz bieten.
Auch bei Landesstraße aktiv
Damit sind die Bau- und Sanierungsmaßnahmen in und um Ershausen aber noch lange nicht am Ende. Bei der im Februar 2024 angelaufenen Erneuerung der Landesstraße 1007 zwischen Ershausen und Martinfeld muss bis Anfang 2026 weiter koordiniert werden. Aufgabe der EW Wasser ist dort unter anderem das Errichten eines fast drei Kilometer langen Schmutzwasserverbindungssammlers zwischen den beiden Dörfern und eines neuen 480 Meter langen Schmutzwasserkanals innerhalb der Ortsdurchfahrt Martinfeld.
Neben den umfangreichen Kanalbauarbeiten gehen auch andere Projekte für die Eichsfeldwerke in Ershausen weiter. In den vergangenen Jahren haben dort die EW Eichsfeldgas als Contractor und die EW Energie als Betreiber immer wieder größere Contracting-Vorhaben im Wärmebereich umgesetzt, zum Beispiel für die Behinderteneinrichtung St. Johannesstift oder für zwei Mehrfamilienhäuser der Kommunalen Wohnungsgesellschaft Obereichsfeld (KOWO). Das St. Johannesstift hat jetzt perspektivisch eine CO2-neutrale Strom- und später auch Wärmeversorgung angefragt. Natürlich kommt es auch hier wieder auf eine gute Koordination an.
Zahlen zur Ortsmodernisierung Ershausen
Stand April 2024
Grünes Contracting
Mit Wissen und der richtigen Idee zur kreativen Lösung
Dass aus einem ehemaligen Baumarkt eine Seniorenwohnanlage wird, ist bereits an sich etwas ungewöhnlich. Aber das von den Spezialisten für Technische Gebäudeausrüstung (TGA) entwickelte Wärmekonzept als Contracting-Modell toppt dies noch: Denn in seinem Fokus steht eine Brunnenwasser-Wärmepumpe.
Besondere Anforderungen
Das spezielle Bauprojekt eines Privatinvestors entsteht aktuell in der Eichsfeld-Gemeinde Niederorschel und soll im Laufe des dritten Quartals 2024 fertiggestellt sein. Das sanierte Hauptgebäude eines ehemaligen Raiffeisenmarkts sowie ein damit verbundener Neubau mit insgesamt gut 2.100 Quadratmeter Nutzfläche werden an den Pflegeheimträger Katholische Altenpflegeheime Eichsfeld (KAPHE) vermietet. Sie sind dann das neue Domizil für eine Tagespflege mit rund 20 Plätzen und 26 altersgerechten Ein- und Zwei-Zimmer-Wohnungen. Die künftigen Bewohnerinnen und Bewohner haben besondere Anforderungen, derer sich Martin Rhein, Fachbereichsleiter TGA Planung und Projektbau bei der Eichsfeldwerke Tochter EW Energie und verantwortlicher Projektleiter, durchaus bewusst ist: „Seniorinnen und Senioren brauchen verlässliche Raumtemperaturen – umso besser, dass wir die Wärmeversorgung hauptsächlich mit einer Brunnenwasser-Wärmepumpe gewährleisten können. Da ist es auch von Vorteil, dass der Investor bereits bei einem Mehrfamilienhaus-Projekt in Leinefelde vertrauensvoll auf das Knowhow der Eichsfeldwerke gesetzt hat – und natürlich, dass das Wichtigste vorhanden ist: zwei Brunnen.“
Die Brunnen sind das praktische Überbleibsel einer Wäscherei, die früher in der Nähe ansässig war. Sie haben den erforderlichen Abstand von mehr als 15 Metern, aber auch die Wassermenge und Wasserqualität, um als sogenannter Saug- und Schluckbrunnen für die vorgesehene 40-kW-Wärmepumpe agieren zu können. All das hat der versierte Eichsfeldwerke-Ingenieur Rhein im Vorfeld genauestens geprüft und getestet. Dazu kommt als großer Vorteil die gleichbleibende Wassertemperatur im Brunnen zwischen circa 7 und 11 Grad Celsius. Das beschert der Brunnenwasser-Wärmepumpe einen effizienten Wirkungsgrad von mehr als 4; sie erzeugt also über vier Kilowattstunden Wärme aus einer Kilowattstunde Strom. „Mehr Wärme aus der Umwelt zu holen, geht fast nicht“, freut sich Rhein.
EW Energie
PV-Anlage als Stromquelle
Der Strom für die Wärmepumpe kommt wiederum größtenteils von einer PV-Anlage auf dem Dach des Neubaus mit 62,5 Kilowattpeak Leistung. Bei Engpässen springt Ökostrom aus dem Netz ein. Apropos Engpass: Die Wärmepumpe ist für die komplette Hausversorgung ausgelegt. Angesichts der besonderen Klientel steht aber auch noch ein Spitzenlast-Gaskessel als Ausfallsicherung parat, der im Normalfall aber nicht gebraucht wird. Und noch eine Besonderheit bietet das Objekt: Für das erste Stockwerk mit zehn kleinen Wohnungen übernimmt aus bautechnischen Gründen eine ebenso kleine Abluft-Wärmepumpe die Warmwasserversorgung der Etage. Eine Lüftungsanlage für die Bäder der Wohnungen über das Dach wäre laut Rhein zu aufwendig gewesen: „Jetzt haben wir eine Lösung mit gewissem Charme, die auch noch für warmes Wasser sorgt.“
Das gesamte Energiekonzept aus Brunnenwasser-Wärmepumpe, Abluft-Wärmepumpe, Gaskessel und PV-Anlage steht dem Investor dank Contracting ohne eigene Investitionskosten zur Verfügung. Und die Experten der Eichsfeldwerke denken bereits über weitere außergewöhnliche Energieideen nach: ein kaltes Nahwärmenetz mit Wasser-Wärmepumpen.
Zahlen zum Contracting-Projekt „Seniorenwohnanlage Niederorschel“
Aus alt macht neu
Nachhaltiges Wärmekonzept setzt auf intelligent vernetzte Technologien
Man nehme eine kombinierte Photovoltaik-Thermie-Anlage (PVT) auf einer sanierten und ertüchtigten Dachkonstruktion, fünf Wasser-Wasser-Wärmepumpen und ein Nahwärme-Leitungssystem: Fertig ist die moderne, sichere und CO2-arme Wärmeversorgung für drei große Mehrfamilienhäuser der KOWO aus den siebziger Jahren in der Eichsfeld-Gemeinde Arenshausen. Mit diesem Konzept lassen sich bis zu 70 Prozent der benötigten Wärme für die insgesamt 55 Wohnungen aus erneuerbaren Energien gewinnen. Nur an besonders dunklen und kalten Wintertagen werden zwei Erdgas-Spitzenlastkessel dafür sorgen, dass die Wärmeversorgung stabil bleibt.
Die innovative Lösung wurde von beiden Unternehmen gemeinsam konzipiert und bedarfsgerecht für die drei Gebäude ausgelegt. Ganz nebenbei wird sie auch noch mehr als 16 Tonnen CO2 pro Jahr gegenüber der vorherigen Anlage einsparen. Diese bestand aus neun Erdgasthermen, die nach fast 30 Jahren Laufzeit merklich in die Jahre gekommen waren.
PVT-Anlage als Herzstück
Zentraler Pfeiler des neuen Systems ist die 150 Quadratmeter große PVT-Anlage, die die Eichsfeldwerke auf dem Dach einer der Immobilien errichtet haben. Ihre Kollektoren kombinieren Photovoltaik und Solarthermie, produzieren also nicht nur Solarstrom, sondern auch Wärme. Auf diese Weise liefern sie den Wasser-Wasser-Wärmepumpen nicht nur elektrische Energie für ihren Betrieb, sondern wärmen auch das Wasser im Heizungsnetz vor, bevor es in die Pumpen gelangt. Diese profitieren bei der weiteren Wärmeerzeugung von einer bereits erhöhten Temperatur des Wassers. Im Anschluss sorgt das Nahwärmenetz mit kurzen Wegen dafür, dass die gewonnene Wärme in die Gebäude gelangt. Ergebnis ist ein integriertes System, das die Effizienz und Nachhaltigkeit der Wärmeerzeugung maximiert. Christoph Huschenbett, Fachbereichsleiter Vertrieb der Eichsfeldwerke-Tochter EW Energie, gibt sich deshalb auch überzeugt: „Die drei Gebäude der KOWO sind ein schönes Beispiel dafür, welche technologischen Möglichkeiten zur Neugestaltung einer Wärmeversorgung bestehen und wie diese auf intelligente Weise vernetzt werden können.“
EW Energie
Vorteil Contracting
Wie eine intelligente Vernetzung bei der Finanzierung aussehen kann, zeigt sich auch bei der Realisierung der Anlage zwischen Eichsfeldwerke und KOWO. Denn die Wohnungsbaugesellschaft musste gar nicht selbst investieren und griff auf ein Contracting-Modell der Unternehmensgruppe zurück. Das heißt, die EW Energie übernahm neben der Planungsunterstützung auch Finanzierung und Errichtung des Projekts und kümmert sich künftig gesamtverantwortlich um die Wärmeversorgung der Gebäude inklusive aller Wartungs- und Instandhaltungsmaßnahmen. Die KOWO zahlt für diese Serviceleistung im Gegenzug eine kalkulierbare monatliche Rate. Damit zeigt sich eindrucksvoll, dass die Umsetzung intelligenter nachhaltiger Wärmekonzepte keinesfalls nur auf den Einsatz zukunftsweisender Technologie begrenzt ist.